Künst­li­che Intel­li­genz in Ver­triebs­po­ten­zi­al ver­wan­deln: Lek­tio­nen aus dem FAZ-“KI-Playbook” und dem JTBD-Ansatz

In der lau­fen­den Arti­kel­se­rie “DAS KI-PLAYBOOK” lie­fert der Autor des Bei­trags einen fun­dier­ten Rah­men dafür, wie Unter­neh­men den Ein­satz gene­ra­ti­ver KI sinn­voll gestal­ten kön­nen. Es geht nicht dar­um, KI ein­fach über bestehen­de Pro­zes­se zu legen. Viel­mehr for­dert die Serie Unter­neh­men dazu auf, tie­fer zu den­ken: Wel­che Auf­ga­ben schaf­fen tat­säch­lich Wert? Und wo kann KI ech­ten Mehr­wert schaffen?

Die­ser Per­spek­tiv­wech­sel betont die Not­wen­dig­keit, sich auf Wert­schöp­fung zu kon­zen­trie­ren statt auf rei­ne Pro­zess­op­ti­mie­rung. Wer Unter­neh­mens­pro­zes­se mit Blick auf ihren Zweck ana­ly­siert, kann genau dort trans­for­ma­ti­ves Poten­zi­al erschlie­ßen, wo es am meis­ten zählt.

Im Zen­trum der Serie steht das Kon­zept der “Jobs to be Done” (JTBD). JTBD defi­niert die Art von Fort­schritt, den ein Unter­neh­men mit Hil­fe von KI errei­chen möch­te, sei es auf stra­te­gi­scher, ope­ra­ti­ver oder tak­ti­scher Ebene.

Das Blue-Oce­an-Kon­­­zept (ein Begriff, inspi­riert vom Kon­zept “Blue Oce­an Stra­tegy” von R. Mau­borg­ne und W. Chan Kim, das auf die Erschlie­ßung neu­er Märk­te und Wert­schöp­fungs­po­ten­zia­le außer­halb bestehen­der Wett­be­werbs­mus­ter abzielt) steht in enger Ver­bin­dung zum JTBD-Ansatz: Es geht dar­um, beson­ders wir­kungs­vol­le, aber bis­lang nicht oder nur unzu­rei­chend bear­bei­te­te Auf­ga­ben zu iden­ti­fi­zie­ren, bei denen KI neue Wert­po­ten­zia­le erschlie­ßen kann. Ziel ist es nicht, bestehen­de Pro­zes­se nur zu ver­bes­sern, son­dern zu hin­ter­fra­gen, wo und wie durch KI ganz neue Wert­schöp­fung mög­lich wird.

Der Autor beschreibt die­se Auf­ga­ben als “Blue Oce­an Jobs“, wert­vol­le Auf­ga­ben, die manch­mal bekannt sind, aber oft uner­kannt blei­ben oder nicht umge­setzt wer­den. Häu­fig erschei­nen sie zu kom­plex, zu stark über Sys­te­me ver­teilt oder zu auf­wen­dig in Bezug auf Zeit und Koor­di­na­ti­on. Genau hier wird ein First-Prin­ci­­p­les-Ansatz ent­schei­dend: Indem Pro­zes­se auf ihre ele­men­ta­ren Bestand­tei­le her­un­ter­ge­bro­chen wer­den, las­sen sich die­se Chan­cen iden­ti­fi­zie­ren. Wird KI dann gezielt ein­ge­setzt, kön­nen die­se Auf­ga­ben rea­li­siert und neu­er Unter­neh­mens­wert geschaf­fen wer­den. Zwar gibt es JTBDs auf allen Ebe­nen (stra­te­gisch, ope­ra­tiv, tak­tisch), doch nicht alle davon sind auto­ma­tisch Blue Oce­an Jobs.

Stra­te­gi­sche, ope­ra­ti­ve und tak­ti­sche JTBDs exis­tie­ren auf ver­schie­de­nen Ebe­nen einer Organisation:

Stra­te­gi­sche JTBDs zie­len auf unter­neh­mens­wei­te Zie­le. Bei­spiel: “Wachs­tums­star­ke Markt­seg­men­te iden­ti­fi­zie­ren, damit die Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on Res­sour­cen gezielt neu aus­rich­ten kann.”

Ope­ra­ti­ve JTBDs betref­fen team- oder abtei­lungs­be­zo­ge­ne Abläu­fe. Bei­spiel: “Inbound-Leads prio­ri­sie­ren und zuwei­sen, basie­rend auf ihrem Umsatzpotenzial.”

Tak­ti­sche JTBDs sind mit kon­kre­ten, all­täg­li­chen Auf­ga­ben ver­bun­den. Bei­spiel: “Eine rele­van­te Fol­­low-up-Nach­richt nach dem ers­ten Ver­triebs­ge­spräch erstellen.”

Um KI sinn­voll ein­zu­set­zen, soll­te jeder Pro­zess in drei Kom­po­nen­ten unter­teilt werden:

Input → Trans­for­ma­ti­on → Out­put. Erst dann lässt sich ent­schei­den, wel­che KI-Metho­­de zur Unter­stüt­zung oder Ska­lie­rung geeig­net ist.

Die fol­gen­den Bei­spie­le zei­gen, wie JTBDs und Blue Oce­an Jobs im Ver­trieb mit Hil­fe die­ses Modells struk­tu­riert wer­den kön­nen, mit Fokus auf Ziel und Wert, nicht auf tech­ni­sche Umsetzung.

Neue Markt­seg­men­te iden­ti­fi­zie­ren JTBD: Neue Kun­den­seg­men­te früh­zei­tig erken­nen, um Ver­triebs­res­sour­cen geziel­ter ein­zu­set­zen und Abschluss­quo­ten in bis­lang uner­schlos­se­nen Märk­ten zu steigern.

  • Input: Unter­neh­mens­da­ten aus Quel­len wie Lin­ke­dIn oder Crunchbase
  • Trans­for­ma­ti­on: Mit einem Tool wie Phan­tom­Bus­ter rele­van­te Daten (z. B. Regi­on, Bran­che, Wachs­tums­in­di­ka­to­ren) extra­hie­ren. Anschlie­ßend in ChatGPT über­füh­ren, um Mus­ter zu erken­nen und Kun­den­grup­pen zu clustern.
  • Out­put: Prio­ri­sier­te Lis­te von Markt­seg­men­ten mit kon­kre­ten Ziel­grup­pen Wert: Kein klas­si­sches Seg­men­tie­rungs­mo­dell, son­dern ech­te Markt­po­ten­zia­le, die sonst im Daten­dschun­gel ver­bor­gen blieben.
  • Wert: geziel­te­rer Ver­trieb und höhe­re Erfolgswahrscheinlichkeit.

Rele­van­te Stake­hol­der iden­ti­fi­zie­ren JTBD: Die rele­van­ten Ansprech­part­ner in kom­ple­xen Ziel­or­ga­ni­sa­tio­nen erken­nen, um Ver­triebs­zy­klen zu ver­kür­zen und Erfolgs­quo­ten zu verbessern.

  • Input: Öffent­lich zugäng­li­che Daten aus Lin­ke­­dIn-Pro­­fi­­len und Unternehmenswebsites
  • Trans­for­ma­ti­on: Phan­tom­Bus­ter nutzt, um Rol­len­be­zeich­nun­gen und Namen zu extra­hie­ren. GPT-basier­­te Aus­wer­tung iden­ti­fi­ziert Ent­schei­dungs­be­fug­te, Beein­flus­ser und poten­zi­el­le Blockierer.
  • Out­put: Struk­tu­rier­te Sta­ke­hol­­der-Kar­­te mit Vor­schlä­gen für eine geziel­te Anspra­che je Rolle
  • Wert: Kein Raten oder Gieß­kan­nen­prin­zip, son­dern durch­dach­te Ein­stiegs­punk­te im Ver­triebs­pro­zess. Das spart Zeit und erhöht die Abschlusswahrscheinlichkeit.

Leads nach Poten­zi­al prio­ri­sie­ren JTBD: Ver­triebs­zeit auf Leads kon­zen­trie­ren, die dem Ide­al­pro­fil ent­spre­chen und stra­te­gisch rele­vant sind, um ein gesun­des und ska­lier­ba­res Pipe­­li­ne-Mana­ge­­ment zu fördern.

  • Input: CRM-Daten, Lead-Pro­­fi­­le, His­to­rie von Interaktionen
  • Trans­for­ma­ti­on: Bewer­tungs­lo­gik defi­nie­ren (z. B. Unter­neh­mens­grö­ße, Bran­chen­fit, Inter­es­se). GPT nutzt die­se Logik zur ein­heit­li­chen Bewer­tung gro­ßer Daten­men­gen und lie­fert Erklä­run­gen sowie Ver­trau­ens­wer­te mit.
  • Out­put: Kate­go­ri­sier­te Lead­lis­te mit A‑B‑C-Prio­­ri­­sie­rung und Handlungsempfehlungen
  • Wert: Manu­el­le oder gar kei­ne Lead­be­wer­tung wird durch kon­sis­ten­te KI-Unter­­stü­t­­zung ersetzt. Fokus auf wert­vol­le Kon­tak­te stei­gert Effi­zi­enz und Qualität.

Per­so­na­li­sier­te Ange­bo­te erstel­len JTBD: Hoch­wer­ti­ge, indi­vi­du­el­le Ange­bots­un­ter­la­gen erstel­len, ohne den Ver­triebs­pro­zess zu verlangsamen.

  • Input: Kun­den­be­dar­fe, zen­tra­le Nut­zen­ar­gu­men­te, Preismodell
  • Trans­for­ma­ti­on: Ein­ga­be die­ser Daten in ChatGPT oder einen Cus­tom GPT, der auf Unter­neh­mens­spra­che und Tem­pla­tes trai­niert ist. Das Modell gene­riert einen Ange­bots­ent­wurf mit pas­sen­den For­mu­lie­run­gen und Struktur.
  • Out­put: Ange­bots­do­ku­ment, das direkt über­ar­bei­tet und ver­sen­det wer­den kann
  • Wert: Ange­bots­zeit von Stun­den auf Minu­ten redu­ziert. Ein­heit­li­che Spra­che, hohe Rele­vanz, pro­fes­sio­nel­le Wirkung.

Ein pra­xis­na­her Aus­blick: Wie Unter­neh­men mit dem Frame­work arbei­ten kön­nen. Der Wah­re Ein­satz von KI im Ver­trieb liegt nicht dar­in, Auf­ga­ben schnel­ler zu erle­di­gen. Sie liegt dar­in, Auf­ga­ben zu iden­ti­fi­zie­ren und umsetz­bar zu machen, die bis­her zu kom­plex, ver­teilt waren. Das sind die JTBDs mit Blue Oce­an Charakter.

So gelingt der Ein­stieg in das Framework:

  1. Bestehen­de Ver­triebs­ak­ti­vi­tä­ten nach First-Prin­ci­­p­les ana­ly­sie­ren. Was ist das eigent­li­che Ziel jeder Auf­ga­be? Wel­che Infor­ma­tio­nen flie­ßen ein? Wel­che Ergeb­nis­se sol­len entstehen?
  2. Die Auf­ga­ben prio­ri­sie­ren, die hohes Wert­po­ten­zi­al oder gro­ße Inef­fi­zi­en­zen zeigen.
  3. Geeig­ne­te KI-Metho­­den zur jewei­li­gen Trans­for­ma­ti­on aus­wäh­len: Prompt-Design, Web-Auto­­ma­­ti­­sie­rung, Daten­auf­be­rei­tung oder der Ein­satz von Cus­tom GPTs.
  4. Die­se Lösun­gen in die Team­struk­tur ein­bet­ten: Stra­te­gi­sche JTBDs schaf­fen Fokus, ope­ra­ti­ve ver­bes­sern Abläu­fe, tak­ti­sche sor­gen für klu­ge Ausführung.

Wenn KI gezielt ein­ge­setzt und mit pas­sen­den Prompts gesteu­ert wird, erschließt sie Ver­triebs­po­ten­zia­le, die bis­her uner­reich­bar waren. Sie unter­stützt die Umset­zung wert­vol­ler Auf­ga­ben, ver­bes­sert Kern­pro­zes­se und ermög­licht neue Arbeits­wei­sen ent­lang der gesam­ten Wert­schöp­fungs­ket­te. KI wird damit zur Basis, wie in moder­nen Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen Wert geschaf­fen wird.

Ein letz­ter Gedan­ke: Wenn Pro­zes­se in ihre Ein­zel­tei­le zer­legt wer­den, dür­fen wir nicht ver­ges­sen, wie die­se Tei­le zusam­men­wir­ken. In der Pra­xis ist ein guter Pro­zess oft mehr als die Sum­me sei­ner Kom­po­nen­ten. Unter­neh­mens­kul­tur, gewach­se­ne Struk­tu­ren und infor­mel­le Rou­ti­nen beein­flus­sen, ob Ver­än­de­rung gelingt oder schei­tert. “Cul­tu­re eats stra­tegy for break­fast” ist kein Spruch, son­dern eine Erfahrung.

Des­halb ist die Anwen­dung von KI auf einem Grü­­nen-Wie­­se-Pro­­zess grund­le­gend anders als die Inte­gra­ti­on in bestehen­de Struk­tu­ren. In eta­blier­ten Unter­neh­men geht es nicht nur um die smar­te­re Lösung, son­dern dar­um, sie so ein­zu­bet­ten, dass sie zur Arbeits­wei­se, den Ent­schei­dun­gen und der Anpas­sungs­fä­hig­keit passt. Selbst das bes­te JTBD-Frame­­work, die aus­ge­feil­tes­te KI-Lösung oder das durch­dach­tes­te Prompt-Sys­­tem stif­ten kei­nen Wert, wenn sie nicht mit der Rea­li­tät der Orga­ni­sa­ti­on ver­bun­den sind.

Wie Mintz­berg, Hamel oder Por­ter gezeigt haben, sind Stra­te­gie, Fähig­kei­ten, Kul­tur und Markt eng mit­ein­an­der ver­knüpft. Ein Pro­zess, so KI-unter­­stützt oder effi­zi­ent er auch sein mag, steht nie für sich allein.

Anders gesagt: In eta­blier­ten Orga­ni­sa­tio­nen ent­steht Wert nur dann, wenn Pro­zes­se, Kul­tur und Markt­um­feld mit­ein­an­der im Ein­klang stehen.

(Hin­weis: Die­ser Bei­trag wur­de mit kon­zep­tio­nel­ler und sprach­li­cher Unter­stüt­zung durch Künst­li­che Intel­li­genz erstellt.)

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